ZW-Krimi: Einer von uns – Kapitel 4

Zurück aus der Kantine besprachen Schrader und Feisel die Vernehmung mit Jana Lauterbach und die anstehende mit ihrem Bruder.

»Ich sag` Ihnen: Der hat beide benutzt.«
»Ist mir schon klar, hab` ich auch schon erwähnt. Und das übrigens nicht nur die Geschwister Lauterbach, sondern auch seine Ex, seine Eltern und alle Menschen, mit denen er zu tun hatte.«
»Hm…«, nickte Schrader. »Der Mann ist hochgradig gefährlich. Er dürfte unser Haupttäter sein.«
»Da bin ich mir sicher. Ist Ihnen aufgefallen, dass Michael Lauterbach und Mohr dieselben Drogen nehmen?«
»Ist ja nicht zu übersehen. Dass bei Michael Lauterbach in dieselben Drogen gefunden worden sind, nur in kleineren Mengen, deutet darauf hin, dass die Drogen eine Art `Geschenk` für Lauterbach sind, um irgendwas anderes zu vertuschen.«
»Und wie erklären Sie sich den sexuellen Kontakt zwischen Lauterbach und seiner Schwester?«
»Mohr hat ihn dazu angestachelt, da bin ich mir sicher. Auch, um irgendwas zu vertuschen.«
»Sehr gut, Frau Kollegin. Aber was?«
»Den Mord an Sabine Mohr?«
»Bingo. Es gibt mindestens zwei Spermaspuren. Und eine stammt definitiv von Lauterbach. Die andere stammt hundert Pro von Mohr, dessen bin `ich` mir sicher.«
»Sie meinen, beide haben…?«
»Ich meine, beide haben…, und dann hat Mohr Lauterbach dazu benutzt, Sabine Mohr umzubringen.«
»Mit welchem Motiv?«
»Rache. Für die Demütigung, die Frau Mohr Tobias Mohr angetan hat, indem sie ihn verlassen hat. `Er` wollte bestimmen, wann Schluss ist, und `Er wollte den Schlussstrich ziehen. Lesen Sie seine Akte, dann wissen Sie, was ich meine.«
»Ja, ja… Schwere Kindheit, bla, bla, bla.«
»Nee, nix `bla, bla`. Tobias Mohr wurde schon als Kind extremen Gefühlsschwankungen ausgesetzt. Diesem Karussell hat er nie entkommen können.«
Schrader dachte kurz nach. »>>Stimmt, Jana Lauterbach hat vorhin von den Streitereien zwischen Mohr und seiner damaligen Frau erzählt…«
»Eben. Seine Frau hat öfters gesagt, dass er die Finger von ihr lassen soll. Also `wieder` wurde er abgelehnt. Dann hat er seinen `Ausgleich` bei Jana und Michael Lauterbach gesucht. Und gefunden.«
»Dann kümmern wir uns mal um Michael Lauterbach.«
»Sie möchten dabei sein? Immerhin ist er einer der beiden Schützen.«
»Diese Herausforderung nehme ich gerne an.«
»Chef…!«, rief ein Kollege der Spurensicherung. »Die SpuSi und die KTU haben neue Ergebnisse!«
Feisel und Schrader gingen gemeinsam in sein Büro, um diese zu studieren.
Sabine Mohr hatte definiticv mit zwei Männern Sex, bevor sie mit einem Seil stranguliert wurde, sie wurde nackt aufgefunden. Wie die Pathologie herausgefunden hatte, befanden sich noch nach dem Tod Frau Mohrs` Spuren von K.O.-Tropfen. Keine Hämatome auffindbar, keine Spuren von Abwehr, auch sonst keine Spuren eines Kampfes. Am Hanfseil, das man in der Wohnung Mohr gefunden hatte, waren zwei unterschiedliche Fingerabdrücke festzustellen, nämlich am die der einen Hand von Mohr und die der anderen Hand von Lauterbach. Auch wurden in der Wohnung von Frau Mohr Fuß- und Fingerabdrücke von Jana Lauterbach gefunden, allerdings nicht an Mordwerkzeugen. Nach Aussagen von Jana haben sie und Frau Mohr sich ja gekannt. Bis dato konnte nicht ausgeschlossen werden, ob Jana Lauterbach während der Tötung von Frau Mohr anwesend war oder nicht.
Anhand der ballistischen Auswertungen passten die bei Mohr gefundenen Munitionsarten sowohl in die gefundene Pistole als auch in den gefundenen Revolver. Die zwei Schüsse, die aus Mohrs` Wohnung abgefeuert wurden, verfehlten ihr Ziel, sie stammten aus dem Revolver, die passenden Hülsen wurden nicht gefunden. Die Kugeln dazu landeten in der Wand, das entsprach den Einschusslöchern, die Feisel am Tag seiner Ankunft in der Hauswand gesehen hatte. Die anderen vier Patronen wurden aus der Pistole abgefeuert, die Spurensicherung fand die vier Hülsen unmittelbar vor dem Fenster der Wohnung von Frau Breuer. Auch wurden am Griff des selben Fensters Fasern von Lederhandschuhen gefunden, nämlich dieselben, wie sie auch an der Pistole gefunden wurden. Die in Frau Breuers` Wohnung unbekannten Fußspuren passten schon von der Schuhgröße her zweifelsohne zu Tobias Mohr. Vom anderen Paar Turnschuhe wurden in Frau Breuers` Wohnung nämlich keine Spuren gefunden, dafür aber in der Wohnung Mohr, und zwar am Fenster. Ebenso wie Fasern von Lederhandschuhen am Fenstergriff.

»Bleibt zu klären, ob Jana Lauterbach bei der Ermordung von Frau Mohr aktiv oder passiv dabei gewesen ist.«
»Kann ich mir nicht vorstellen, antworte Feisel.«
Nach einem beiderseitigen gingen Sie in den Vernehmungsraum. »Let`s go!«

Im Vernehmungsraum, in dem Schrader Jana Lauterbach vernommen hatte, saß nun Michael Lauterbach in Handschellen am Tisch. Feisel nahm gegenüber von Lauterbach Platz, Schrader auf dem Stuhl an der Wand. Feisel schaltete das Mikrofon ein und saß mit den Händen auf dem Tisch offen.<(span>
»Erste Vernehmung mit Michael Lauterbach. Die Vernehmung führt KHK Matthias Feisel, er führt auch die Ermittlungen an. Anwesend außerdem KOK Nicole Schrader, sie wird der Verhandlung beiwohnen.«
»Was will die Fotz` do?!, begann Lauterbach.«
»Sie ist meine Kollegin. Was stört Sie an ihr?«, erkundigte sich Feisel.
»Ich will die net.«
»Was haben Sie gegen Frau Schrader? Kennen Sie einander?«
Lauterbach sah wieder zu Schrader und dann zu Feisel. »Ich will die net.«
»Sie wird Sie nicht beißen, versprochen.«
Kurzes Schweigen im Raum. Schrader kreuzte Arme und Beine.
»Was will die Fotz` do?«
»Herr Lauterbach. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie sich menschlicher ausdrücken würden.«
»Ich han nix Anneres gelernt.«
»Ihre Ausdrucksweise. Ist das eine Form von Tourette?«
»Was soll`n des?! Zweebrigge is mei Heimat, ich bin do gebor.«
»Abgesehen von Ihrem Dialekt.«

Kurzes Schweigen im Raum.

»Un warum redde Sie ke Pälzisch?«
Feisel sah stirnrunzelnd zu Schrader und wieder zu Lauterbach.
»Ming Heimat is he nit. Wie sieht`s aus? Haben wir einen Deal?«
Lauterbach änderte seine Sitzposition, verschränkte die Arme und antwortete »Ja, okay.«
»Kennen Sie Frau Schrader?«
Lauterbach sah sekundenlang zu ihr hinüber, musterte sie. »Nee, net bekannt.«
Feisel war sich nicht sicher, ob Lauterbach log oder nicht. Er stellte ihm eine Fangfrage »Wer hat auf die beiden Polizisten draußen geschossen?«
»Herr Nohr war`s.«
»Wie haben Sie den Mohr eigentlich kennengelernt?«
»Der ist in der Wohnung über uns bei Sabine eingezogen. Auf einmal war er da.«
»Und? Sind Sie auf ihn zugegangen?«
»Nee.«
»Sondern?«
»Der hat mich und meine Schwester im Treppenhaus angesprochen. Er hat gesagt `Wenn ihr was braucht, kommt ihr einfach hoch, du und deine hübsche Schwester`. Sowas halt.«
»Einfach so?!«
»Pf… Ja.«
»Und dann sind Sie, also Sie alleine, direkt nach oben gegangen?«
»Nee, meine Schwester.«
»Was wollte sie da?«
»Keine Ahnung. Irgendwann hat sie den Mohr dann mit zu uns gebracht.«
»Warum?«
»Einfach so. Er wollte uns kennenlernen.«
»Als Ihre Schwester das erste Mal nach oben zu den Mohrs ging: War sie lange dort oben?«
»Keine Ahnung. Glaub` schon.«
»Als ihre Schwester wieder zu Ihnen in die Wohnung kam: Konnten Sie bei ihr eine Veränderung feststellen?«
»Hab` nicht drauf geachtet. Sie ging direkt ins Bett. Wahrscheinlich hat sie mit den beiden gekokst und gevögelt.«
»Menschen im Rauszustand lassen sich gerne schon mal gehen. Dann wird`s schon mal lauter. Haben Sie an dem Abend mitbekommen? Laute Musik vielleicht?«
Lauterbach grinste und wurde rot. »Nee.«
»Haben Sie sonst schon mal laute Musik aus der Mohrs gehört?«
»Nur selten mal.«
»Andere Geräusche?«
»Wenn wir nicht dabei waren, haben die schon mal gestritten.«
»Waren dabei beide laut?«
»Nee. Nur sie. Also Sabine.«
»Was hat sie denn so gesagt?«
»Dass er die Finger von ihr lassen soll, und sowas. Aber die wollte es doch. Sie war ständig geil, die hat sich nie gewehrt.«
Schrader meldete sich mit einer Zwischenfrage. »Woran definieren Sie, dass Sie `ständig geil` war? War ihre Vagina feucht? Und wie sahen ihre Augen aus?«
Lauterbach schwieg erst einen Moment. Dann antwortete er: »Die hatte immer den Schlafzimmerblick.«
Kurze Pause. Feisel und Schrader blickten eine Sekunde lang einander an, dann übernahm Feisel wieder das Gespräch. Er zeigte auf Lauterbach.
»Wie gut kannten Sie Sabine Mohr eigentlich?«
Lauterbach wurde wieder verlegen und grinste, er strotzte vor stolz: »In- und auswendig.«
»Und persönlich?«
»Gut.«
»Wie gut denn? Haben Sie mit ihr Drogen genommen…?«
»Ja. «
»Auch, wenn der Mohr nicht dabei war?«
»Nee.«
»War Frau Mohr auch mal ohne ihren Mann bei Ihnen in der Wohnung?«
»Ja. Schon.«
»Hatte sie dann auch diesen Schlafzimmerblick?«
»Hab` nicht drauf geachtet.«
»Finde ich ehrlich gesagt seltsam. Ihnen fällt auf, dass Frau Mohr, wenn Sie oben bei den Mohrs waren, den Schlafzimmerblick hatte, aber Ihnen fällt nicht auf, ob Frau Mohr, wenn Ihr Mann nicht dabei war, den Schlafzimmerblick hatte oder nicht.«
Lauterbach ging die Farbe aus dem Gesicht. Er begann zu schwitzen.
»Denken Sie, dass Herr Mohr was mit dem Schlafzimmerblick zu tun hat?«
»Weiß nicht.«
»Ich denke, dass sie das wissen. Sowohl bei Ihnen als auch in der Wohnung Mohr wurden Cannabis, Kokain und K.O.-Tropfen gefunden. Nur bei Mohr in größeren Mengen als bei Ihnen.«
»Er hat damit gedealt.«
»Sie auch?«
»Nee, Frau Mohr nicht.«
»Sie machen es aber spannend, Herr Lauterbach. Ich möchte Ihnen helfen. Darf ich?«
Lauterbachs` Augen wurden groß, er knetete mit den Fingern seine Lippen. »Ja…«
»Wir vermuten, dass Herr Mohr Sie angestiftet hat, mit Frau Mohr und mit Ihrer Schwester ein sexuelles Verhältnis anzufangen. Die Drogen hat er Ihnen gegeben, damit Sie für ihn verticken, und um Sie als Freund zu gewinnen.«
Lauterbach bekam wieder einen hochroten Kopf, begann wieder zu schwitzen und hielt sich mit den Händen die Ohren zu. Er wippte dabei mit dem Oberkörper nach vorne und nach hinten.
»Vermutlich hat er Ihnen auch gesagt…«, sprach Feisel weiter »…, dass die Drogen ihre Schwester willenlos machen. Und im Gegenzug hat er Ihnen versprochen, den Mund zu halten. Herr Lauterbach: er hat Sie und Ihre Schwester benutzt, und das wissen Sie. Und Sie wissen auch, dass Sie ihm unterlegen sind.«

Wieder kurze Pause. Lauterbach begann in selbiger Sitzposition zu weinen.
»Sei doch endlich mal ein Mann`, hat er gesagt.«, beendete Lauterbach die Pause.
»Während Sie mit Frau Mohr Sex hatten?«
»Ja. Er hat sie wie immer geohrfeigt und sie gezwungen, die K.O.-Tropfen zu nehmen. Anschließend hatten wir abwechselnd Sex mit ihr. Dann hat er gesagt `Deine Schwester hast du rumgekriegt. Aber das war einfach. Jetzt zeig` mal, was du kannst. Sei ein Mann`. Dann hat er das Seil nur festgehalten und ich sollte am anderen Ende ziehen. Immer fester.«
»Hatten Sie auch währenddessen mit Frau Mohr…?«
»Ja.«

Wieder kurze Gesprächspause.

»Eine Frage noch, Herr Lauterbach. Kennen Sie die Frau auf dem Stuhl an der Wand?«
»Ja.«

Während Lauterbach abgeführt wurde, schaute er schweigend nach unten und schielte dabei zu Schrader, was so aussah, als wolle er sich entschuldigen, als könne er nichts dafür. Schrader würdigte ihm keines Blickes. Sie wartete, bis Lauterbach weg war und stand auf.
»Wir sollten…« sprach Feisel sie an. Aber sie war schon weg. Er konnte sich denken, dass das zu viel für sie war. Aber er hatte ihr mehrfach geraten, fern zu bleiben.
Am späten Nachmittag fuhr er zunächst zum Hotel, wo er duschte und sich umzog. Er hatte im Internet “Andreas` Blumeläädche“ in der Nähe des Hallplatz ausfindig gemacht. Diesen suchte er auf und kaufte dort eine weiße Rose. Die Verkäuferin schätzte er auf Anfang 40 Jahre alt, was er aber im selben Moment wieder verdrängte, hinsichtlich der Absicht des Kaufs. Die Frau sah ihn widerum mit großen Augen an und lächelte »Darf ich Ihnen die Rose schenken?«
»Ich möchte sie bitte kaufen, die ist für einen Kollegen.«
Nachdem er bezahlt hatte, verließ er den Laden und bekam gar nicht mit, dass die Verkäuferin ihm am Fenster stehend hinterher sah. Er suchte unmittelbar das Hotel auf, steckte die Rose in ein Glas Wasser, zog sich aus und ging schlafen.

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