Für Freigeister und Menschen mit Leseschwäche

Die einen lesen ab und zu ein Buch, andere verschlingen pro Woche mehrere Bücher (je nach Art des jeweiligen Buches), und es gibt Menschen, die grundsätzlich nicht gerne lesen. Die Gründe für das jeweilige Verhalten sind unterschiedlich wie die Menschen selbst: von Zeitmangel bis Leseschwäche (Legasthenie) ist alles dabei.

 

„Lesen bildet“, hört und liest man doch so oft. Viele Fach- und Sachbücher bilden definitiv. Aber Romane? Manche Romane erzählen Geschichten nach dem Motto „Dort, wo ich nie war“. Muss sowas sein? Wer braucht sowas? Die Geschichte von „Tom Sawer & Huckleberry Finn“ jedenfalls haben Weltruhm erlangt – obwohl es diese Figuren gar nicht gibt. gleiches gilt für die kinderbücher von Astrid Lindgren, zum Beispiel ihre Bpcher über „Pipilotta Langstrumpf“. Und Jules Verne verzaubert mit seinen futuristischen Romanen Fantasy-Begeisterte noch heute.

Weshalb wohl interessieren uns (Lebens-)Geschichten von Personen, die es gar nicht gibt? Wollen wir auf den Arm genommen werden? Oder interessiert uns ausschließlich die Handlung?

In einem solchen Fall sei hinterfragt, weshalb das Buch „Opus Pistorum“ zur Weltliteratur zählt. Die Geschichte ist ebenso fiktiv wie die Charaktere. Es dreht sich alles um die Zeit während der 1939er Jahre in Paris, die Geschichte der Hauptfigur (Ich-Erzählung) handelt nicht nur vom Sex, aber Sex spielt eine große Rolle. Der Autor Henry Miller hat in dem Buch unter anderem vom Sex einer 11-jährigen mit ihrem Vater geschrieben und in einem anderem Kapitel vom Sex mit Tieren, außerdem hat er sehr viele pornographische Ausdrücke verwendet. Und dennoch zählt dieses Buch zur Weltliteratur!

Heute gibt es nicht, was es nicht gibt. Vor allem Straftaten und Pornographie in Hülle und Fülle.Wir interessieren uns also mehr für Geschichten. Die einen vielleicht, um Selbsterlebtes zu verarbeiten, zu sehen, wie andere damit umgehen. Die anderen möglicherweise, um einfach nur in andere Welten abzutauchen.

 

Ein Beispiel aus der Bedürnis-Pyramide ganz unten, nämlich das Essen, weil dieses Thema jede/r kennt.

In einer Bildsequenz, heutzutage Clip genannt, sieht jeder ganz klar und eindeutig, welches Essen zum Beispiel auf dem Teller ist. und obwohl wir wissen, ob es uns schmeckt (oder auch nicht), wird mit Computerprogrammen nachgeholfen. Beim gesprochenen Wort über das Essen ist es ähnlich, aber nicht mehr ganz so einfach: man braucht nur ein Essen zu erwähnen, dass von vielen Menschen gerne gegessen wird – Nudeln oder Pizza zum Beispiel. Wie aber will man jemandem, der nicht sehen kann, sondern nur hören und riechen, Nudeln schmackhaft machen, wenn diese Person Nudeln nicht kennt? Zwei- oder drei Wörter genügen da nicht, man kann allgemein kaum erläutern, wie etwas schmeckt, man kann nur erläutern, wie das Essen aussieht. Wobei das gesprochene Wort immer noch mehr Aussagekraft hat als ein geschriebener Text, man arbeitet schließlich mit seiner Stimme.

Bei jemandem, der widerum nicht hören kann, ist es noch weniger einfach: man muss den Text ausschmücken, damit diese Person sich den jeweiligen Gegenstand oder die Handlung auch bildlich vorstellen kann. Dabei hat man es Autorin bzw. als Autor nicht immer leicht, den Nerv der Zeit zu treffen – tausende Manuskripte liegen jährlich bei Verlagen unbearbeitet in der Mülltonne.

 

Um lesen und schreiben zu können, muss man überhaupt erst lesen und schreiben können. Manche beziehungsweise sieben Millionen Menschen (7.000.000) alleine in Deutschland können entweder nicht richtig oder gar nicht lesen oder nicht richtig oder gar nicht schreiben. Viele Betroffene der Lese- und oder Schreibschwäche basteln sich ihre eigenen Texte zusammen, sie picken sich das raus, was sie verstehen, was den Sinn des jeweiligen Textes verändert.
Es gibt übrigens zwei Arten einer Leseschwäche: die einen können nicht vernünftig lesen, die anderen werden bei guten Büchern schwach. Ob nun so oder so: lesen bildet, nämlich eine Meinung.

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Zu diesem Beitrag hat mich der Artikel „Pseudo-Inzest-Stories verkaufen sich gut – Bekenntnisse einer Erotikbuch-Autorin“ inspiriert, um zu hinterfragen, warum es uns nichts ausmacht, dass Texte, die wir lesen, gerne auch Pseudo sein dürfen.

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