Ausstellung „Der Mensch dahinter“

Anlass für die Ausstellung “Der Mensch hinter der Uniform“ war die Nacht vom 20. Auf den 21. Juni 2020, als die Stuttgarter Polizei eine Drogenkontrolle plante. Etwa 400 bis 500 Personen, meist junge Männer, gesellten sich ungefragt dazu und nutzten die Gelegenheit, ihrem Frust Luft zu verschaffen. Sie beleidigten die Beamten und begannen zu randalieren, zerstörten Fensterscheiben und plünderten Geschäfte. Insgesamt wurden 32 Beamte verletzt.
Die Menschen hinter den Uniformen arbeiten bei verschiedenen Abteilungen der Polizei, bei der Feuerwehr, im Rettungsdienst, in der Pflegebranche (am häufigsten wird man in der Notaufnahme bedroht), bei der Bundeswehr, und im Justizvollzug.

Der Gedanke, dass man im Einsatz etwas sagen muss, was jemandem nicht gefällt und die Verdächtigen randalieren, um die eigentliche Tat zu verschleiern, mag in einigen Fällen stimmen. Heutzutage spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel der Trophäen-Faktor: vielen Tätern erscheint es wohl als »voll geil, Alter«, einen »Bullen weggeklatscht« zu haben. Auch die Damen und Herren von der Abfallwirtschaft, was wir „Müllabfuhr“ nennen, werden nicht nur angehupt und beleidigt – aber das ist ja schon Alltag,
Ein anderer Faktor ist sicher die Beteiligung der Medien
Auch Damen und Herren vom Ordnungsamt, die immer noch als „Politesse“ bezeichnet werden, müssen sich einiges anhören (jedoch nicht gefallen lassen), auch diese Damen und Herren sind für die Galerie abgelichtet worden.

Als ich mit bürgerlichem Namen die Bundeswehr besuchte, war Grundwehrdienst Pflicht, sofern man nicht ausgemustert wurde. Man musste sich also entscheiden, ob man zur Bundeswehr oder Zivildienst leisten wollte. Konnte man sich nicht entscheiden, hatte der Staat entschieden.
Von Oktober 1994 bis September 1995 war ich bei der Bundeswehr. Von 1997 bis 2000 ehrenamtlicher Katastrophenschutzhelfer und Sanitätshelfer. Heute bin ich Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Während meiner Zeit im Rettungsdienst wurden auch wir immer wieder beleidigt. Allerdings sind heute die Frustrationstoleranz und die Hemmschwelle viel niedriger.

Aus der Galerie habe ich nicht alle Bilder abfotografiert, jedoch die meisten. Die mindere Qualität habe ich meinem Huawei Y7 zu verdanken. Noch bis Anfang Juli ist diese Wanderausstellung www.der-mensch-dahinter.de in im Bürgerhaus in Köln-Deutz (Lanxess Arena) zu bewundern.

 

Die Initiatorinnen und Initiatoren dieser Galerie (siehe Bild 1)

Andrea Wommelsdorf: Organisation, Interviews, Textredaktion

Burrkhard Knöpker: Interviews, Haupttexte

Charlotte Beck: Fotografie, Bildbearbeitung

Dirk Reinhardt: Internetauftritt, Infotexte, Schlussredaktion

– Richard Wiese, Verkehrsüberwachung: Senkung des Empörungslevels

– Hauptbrandmeister Michael Keppler: Ein »Ruck in die richtige Richtung«

– Polizeihauptkommissarin Beatrix Kurth: Feuerwerk oder Sonderrechte

– Michael Mader vom Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt Köln: Zwischen Verständnis und Sanktion

– Narkose- und Notärztin Flavia Nobili: Mit Empathie schon vielen geholfen

– Kriminaloberkommissar Dominik Fahnenschmidt: »Es gibt so viel Müll auf diesem Erdball«

– Staatsanwalt Harald Hürtgen: Engagiert im Kampf gegen Einsatzkräfte

– Kriminalhauptkommissarin Carina König, Erkennungsdienst: Roman und Wirklichkeit

– Lena Hoffmann (Name geändert), Universalvollstreckung der Stadt Köln: »Man wird vorsichtiger«

– Polizeimeisterin Hulya Duran: »Man muss die Geschichte hinter den Menschen kennen, um ihre Handlungen zu verstehen.«

– Polizeihauptkommissar Dirk Rohde: Was wirklich wichtig ist im Leben

– Polizeihauptkommissar Jörg-Wolf Klink: Ein Beruf mit tausend Berufen

– Polizeihauptkommissar Enno Adam und Oberkommissarin Liane Blankenstein: Überbringer trauriger Nachrichten

– Hauptfeldwebel Alexandra Spürck: Die Vielseitige

– Polizeihauptkommissarin Anna-Magdalena Gewehr, Autobahnpolizei: Kreativität ist in jedem Beruf gefragt

– Polizeioberkommissar Tim Holzhausen: »Da arbeiten ganz normale Menschen«

– Notarzt, Oberarzt und Dermatologe in der Hautklinik, Hartmut Ständer, in Dortmund: »Messerstechereien, Schlägereien – Die Gewalt steigt tendenziell«

– Marco Möllers (Name geändert), Einsatzführer Hundertschaft: »Der größte Teil der Gesellschaft ist zu leise«

– Polizeihauptkommissar Jürgen Tölle: »Sich im Wolfsrudel durchzusetzen, habe ich auf der Hauptschule gelernt«

– Polizeiseelsorger Stephan Draheim: »Die Belastungen können nicht mehr aufgefangen werden«

– Kriminalhauptkommissarin Birgit Wefringhaus, Sexualdelikte in Bonn: Keine Zeit für`s Cello

– Justizvollzugsbeamter Frank Auer: »Vollzug ist mehr als sicher, satt und sauber«

– Maria Frenking, Kommunaler Ordnungsdienst in Dortmund: Struktur und Sicherheit

– Polizeioberkommissar Bastian Stehr: »Im Fernsehen machen sie das aber anders«

– DB-Kundenbetreuerin Annemarie Hollenbach: »Wenn du Angst zeigst, hat der andere schon gewonnen«

– Polizeihauptkommissar Markus Eisenbraun, Polizei Stuttgart: »Jeder glaubt, er hat die alleinige Wahrheit«

– Polizeioberkommissar Marcus Weckenmann, Hundestaffel: »Das Wichtigste ist, dass wir jeden Tag nach Hause kommen«

– Kriminalhauptkommissarin Elke Meier (Name geändert), Kriminaldauerdienst: Die Weltverbesserer

– Oberbrandmeister Andreas Helmecke, Berufsfeuerwehr Dortmund: Im Dortmunder Norden

– Polizeikommissarin Nadja Depping, ehemals zuständig für Sexualdelikte: »Es ist ein besonderes Gefühl, wenn du im Einsatz jemanden glücklich machen kannst«

– Polizeihauptkommissarin Nadine Kunter: »Ich habe es mal mit Klavierspielen versucht«

Galerie "Der Mensch dahinter"
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Prävention Rettungsdienste

Sie kommen mit lautem „Ta-Tü-Ta-Ta“ an, steigen aus, ziehen eine Trage aus dem hinteren Bereich des Wagens, legen die verletzte Person auf die Trage, schieben die beladene Trage ins Fahrzeug-Innere, steigen wieder ein und fahren weg.
Das sind Szenen, wie man sie aus Filmen aus den 1950er Jahren im Schwarz-Weiß-Format kennt. Zu diesem Zeitpunkt entsprach dies auch der Realität, damals war man nämlich einfach nur Krankenwagenfahrer. Heute wird man von vielen aus der Bevölkerung als (Zitat) „jemand von der Rettung“ angesehen. Dabei beginnt das Rettungswesen mit dem 1-wöchigen Lehrgang zum Sanitätshelfer, mit dem man als Mindestanforderung befugt ist, auf öffentlichen Veranstaltungen Streife zu laufen, bis hin zum Medizinstudium.

»Ihr seid die Spinner, die auf dem freien Arbeitsmarkt versagt haben!« hat uns Ende der 1990er Jahre in der „Lachende Sporthalle“ (ehemalige Karnevalsveranstaltung in Köln) mal jemand zugerufen. Beleidigung gegen Rettungskräfte gab es schon immer. Genauso wie Soldatinnen und Soldaten auch in der Vergangenheit als „Mörder!“ beschimpft worden sind. Man wird auch als Mitarbeiter im Rettungsdienst tweilweise beustigt angesehen, manche suchen ihr Ventil, und manche stehen mit großen Augen und mit offenem Mund einem Rettungswagen mit Martnshorn hinterher. Man muss also auch als Bediensteter im Rettungsdienst nichts sagen – einfach nur sichtbar sein genügt, um Emotionen unterschiedlichster Art auszulösen.

Von 1989 bis 2011 war der Rettungsassistent am Unfallort der nächste Vertraute nach dem Arzt, die Rettungskette nach unten betrachtet. Also war der Rettungsassistent nicht der Assistent vom Sanitäter (dieser hat einen 560-stündigen Lehrgang genossen), sondern der Assistent war nach einer staatlich anerkannten Berufsausbildung (als Umschulung 2 Jahre, 1 Jahr Schule inkl. Praktika und 1 Praktikum in einer Rettungswache) der Assistent vom Arzt. Inzwischen hat der Gesetzgeber den Beruf des Notfallsanitäters eingeführt, der nach 3 Jahren staatlich anerkannter Ausbildung – im Gegensatz zum Assistenten – examiniert ist, darf also auch Zugänge legen. Aber auch in der Berufsausbildung zum Rettungsassistent bekommt man nicht nur ausführliche Medikamentenkunde und erlernt die Anatomie, die Physiologie und die Pathologie, sondern man lernt auch die Koordination einer Rettungskette und des Rettungsdienstes, und erlernt auch das Wirtschaftliche.

Auch im Rettungsdienst sind Überstunden an der Tagesordnung, Außerdem kann es – je nach Arbeitgeber (es gibt nicht nur DRK & Co.) – auch vorkommen, dass man sehr kurzfristig als ursprünglich eingeplant wieder zum nächsten Dienst antreten muss, nachdem die Mindestruhezeit von 12 Stunden eingehalten wurde, aber ursprünglich 24 Stunden Ruhezeit im Plan standen.

Mit der Zeit geht die Unregelmäßigkeit an die Substanz – bei jedem, aber bei jedem unterschiedlich. Manche meiner Ex-Kollegen wussten, dass sie nach der Ausbildung lediglich ein paar Jahre arbeiten würden, weil sie ein Verbindungsstück in ihrer Vita brauchten. Manche widerum sind nach etlichen Jahren Frührentner geworden, weil sie es körperlich (z.B. nach Herzinfarkt) und psychisch nicht mehr schaffen, sich selbst zurück zu nehmen und permanent auf andere einzulassen. Und manch andere machen den Job bis ins hohe Alter.

Es gibt keinen Algorithmus: man kann abschätzen, dass es z.B. während der kompletten Karnevalssession (dauert im Rheinland vom 11.11. bis Aschermittwoch) mehr passieren wird als sonst, aber man kann nie bis ins Detail sagen »Ach nee, nächste Woche werden wir wieder ein paar Leichen sehen.« Der Spruch »Et kütt, wie et kütt!« ist an dieser Stelle mehr als ein Kölsches Grundgesetz. Und selbst wenn man einfach nur anwesend ist und überhaupt nichts tut, wird man in Arbeitskleidung aus dem Rettungsdienst ganz anders angesehen als z.B. jemand aus dem Handwerk.

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Prävention Exekutive, Pflege und Sicherheit

Ja, in allen folgenden Berufsgruppen hat es einst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegeben, die ihren Beruf benutzt haben, um Anerkennung zu gelangen:

– Zum Beispiel gab es während der 1990er Jahre in den USA Polizisten, die ungefragt Sicherheitsberatungen für Frauen gegeben haben, um Vertrauen zu gewinnen und um diese auserchorenen Kundinnen zu Vergewaltigungsopfern zu machen.

– Zum Beispiel gab es während der letzten 20 Jahre in Deutschland einen Polizeibeamten, auf dessen heimischen Rechner man sogenannte “Kinderpornographie“ gefunden hat.

– Zum Beispiel gab es während der letzten 10 Jahre in der deutschen Polizei und in der Bundeswehr mehrere rassistische- und fremdenfeindliche Vorfälle.

– Zum Beispiel wurden während der letzten Jahrzehnte Fälle aus Deutschland, USA und Australien bekannt, in denen Feuerwehrleute Brände gelegt haben, um bei ihren “eigenen Bränden“ durch vermeintliche “Zivilcourage“ Anerkennung zu erlangen.

– Zum Beispiel gab es auch in deutscher Kriminalgeschichte der letzten Jahrzehnte Pflegekräfte, die sich über Gott gestellt haben, um Patientinnen und Patienten nach eigenem Ermessen “zu erlösen“.

– Zum Beispiel wird manchen Beamtinnen und Beamten des Justizvollzuges nachgesagt, dass sie gerne Gefangene provozieren. So, wie dies auch Beamtinnen und Beamten der Polizei, und auch Soldatinnen und Soldaten nachgesagt wird.

Wie hoch sind Risiko und Wahrscheinlichkeit? Warum werden manch andere Bedienstete/Beamt:innen in den Himmel gelobt, und wer sind die Menschen, die sich einreden, die Arbeit genannter Berufsgruppen beurteilen zu können?

In der privaten Sicherheitswirtschaft findet man sogar einen Lehrgang zum Ordner: dieser dauert gerade mal einen Tag und kostet 60 Euro. Damit ist man zum Beispiel berechtigt, in Fußballstadien als Ordner zu arbeiten – dies ist eine Nebentätigkeit, weil meist nur am Wochenende. Oder man ist Ordner auf öffentlichen Plätzen, zur Kontrolle der Impfnachweise.
Im Rettungsdienst gibt es einen 1-wöchigen Lehrgang zum Sanitätshelfer. Dieser Lehrgang wird in Vollzeit unterrichtet und man muss eine schriftliche-, und eine praktische Abschlussprüfung absolvieren.
Bei der Polizei und bei der Bundeswehr gibt es keine Tages-, Wochen-, oder Monatslehrgänge mit Praktikum oder dergleichen. Man muss sich schon für (…) Jahre festlegen, dementsprechend sind die Anforderungen viel höher.

Erreicht man aber durch längere und intensivere Ausbildung bessere Qualität?

Sobald mindestens zwei Menschen von einem Thema wissen, erhält man über dasselbe Thema zwei verschiedene Meinungen. Bei Meinungen über Berufsgruppen ist das nicht anders. Man wird also trotz aller Tests auf psychologische-, und geistige Eignung nie vollständig ausschließen können, dass sich jemand in einer der eingerahmten Berufsgruppen bewirbt, um in der Gesellschaft gut dastehen zu wollen, sich wichtigmachen zu wollen.

Warum spricht eigentlich niemand von den Bediensteten und Beamt:innen, die uns allen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten helfen und dabei ihr Privatleben oft vernachlässigen? Und das, obwohl die Politik bereits seit Jahrzehnten davon spricht, Sicherheit zu fördern? Obwohl man bereits im Zweiten Weltkrieg versprochen hat, die damaligen “Krankenschwestern“ besser auszubilden und intensiver zu fördern?
Wir als Gesellschaft tragen die moralische Verantwortung, allen Menschen aus genannten Berufszweigen zu bedanken. Nachsicht und Respekt sind wohl das Mindeste.

Die Beiträge zur Prävention der Berufszweige Polizei, Bundeswehr, Medizin & Pflege, Feuerwehr & THW, Rettungsdienste, Justizvollzug und Sicherheitswirtschaft kann man auch von hier aus verlinkt aufrufen.

Als ehemaliger Rettungsdienstler und heutige Fachkraft für Schutz und Sicherheit bringe ich eigene Erfahrungen mit (siehe in „Über mich“).

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